Mittwoch, 6. Januar 2010
Año nuevo und Abschied aus Lima
Die letzte Woche hier war mal wieder ziemlich turbulent und abwechslungsreich.
Zunächst waren wir vom 30.12. bis zum 3.1. am Y Camp, dem CVJM Strand, 160 Kilometer südlich von Lima. Dort haben wir zusammen mit einem Haufen Jugendlicher aus dem CVJM am Strand gezeltet, gechillt und das Meer und die Gemeinschaft genossen. Die Sonne hat leider nur einmal kurz am letzten Tag geschienen, die restlichen Tage war es bewölkt, aber ich habe mir trotzdem und 30er Sonnencreme einen ganz schönen Sonnenbrand geholt. Die Sonneneinstrahlung ist hier halt doch stärker als man denkt….
Año nuevo, also Silvester haben wir eine riesige Party am Strand gefeiert. Unser lieber Staff (5 der Volis haben mitgearbeitet und ganz schön gestöhnt, weil es so viel und anstrengend war) hatte am Strand eine Tanzfläche mit Kunstpalmen und Musikanlage aufgebaut, sodass wir die ganze Nacht zu Salsa, Reggeaton, Cumbia & co durchgetanzt haben. Kurz vor Mitternacht wurden gelbe Ketten, Masken und Luftballons verteilt – gelb soll Glück bringen….
Das schöne war, dass so viele von den Jugendlichen aus dem Guay mit waren und man so auch mal was mit denen gemacht hat, mit denen wir normalerweise nicht weggehen oder Freizeit mit verbringen. Ansonsten war's für uns, die wir nicht arbeiten mussten, schon ein bisschen wie Cluburlaub; es gab die ganze Zeit über verschiedene Programmangeboten, wie Schmuckbasteln, Sandboarden, Filmnacht, Recreaciones am Lagerfeuer und Salsastunde. Und wenn gerade nichts anstand, waren wir im Meer baden – die Wellen sind super! ;)
Nach 5 Tagen nach Lima zurück zu kehren war zunächst einmal ganz schön gewöhnungsbedürftig, vor allem, weil überall noch die Weihnachtsdeko steht. Dabei kommen wir doch gerade vom Strand! Außerdem beginnt für Laura und mich jetzt die Abschieds- und Packzeit, denn schon am Mittwoch werden wir nach Trujillo fahren. Dass mir der Abschied so schwer fallen wird, hätte ich nicht gedacht! Insbesondere, weil wir ja noch im gleichen Land bleiben und ca einmal im Monat nach Lima zurück kehren werden. Dennoch war unser letztes Volitreffen heute ziemlich traurig und tränenreich. Wir sind einfach so zusammen gewachsen in den letzten vier Monaten und haben so viel zusammen erlebt, dass wir längst viel mehr sind als normale Freunde. Aber es ist gut zu wissen, dass sie uns voll unterstützen und als Gemeinschaft mittragen, wenn's schwierig wird in Trujillo.
Gestern abend haben wir bei Laura nochmal mit den Peruanern Abschied gefeiert bzw. gegrillt und waren ziemlich überrascht, als dann der halbe Guay bei Laura im Pation stand. War aber ziemlich schön, nochmal alle zu sehen! Und Mittwochnacht geht's dann im Bus nach Trujillo…. Dort werden wir in der Wohnung von einer Hauptamtlichen aus dem ACJ in Lima wohnen. Zwar ist die Wohnung fertig eingerichtet, aber wir wissen trotzdem nicht so ganz in welchem Zustand, dementsprechend werden die ersten Tage aus Einrichten und Juli & Laura-passend- gestalten bestehen. Im Laufen der nächsten Woche werden dann hoffentlich noch zwei Peruanerinnen aus Lima zu uns ziehen, die im Rahmen der Mitarbeiterschulung ProLider über den Sommer in einem der Arbeitsbereich der ACJ arbeiten müssen. Wer das sein wird wissen wir noch nicht genau, aber wir freuen uns auf jeden Fall sehr darauf!
Trotz all der Trauer über den Abschied bin ich sehr gespannt auf Trujillo und was uns dort erwartet.
"Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag."
Was kann da noch schief gehen?
PERU: August 09 – Dezember 09
Wie finde ich mich in Lima zurecht, wenn jeder Busfahrer "Si" sagt, wenn man ihm nach der gewünschten Route fragt?
Wie bringe ich zwanzig Viertklässlern bei, dass die Antwort auf "wie geht es dir?" nicht "wie geht es dir sehr gut" ist?
Wieso verstehen die Peruaner mich immer noch nicht, obwohl ich die Worte doch so deutlich ausspreche?
Wie gehe ich mit der ständigen Spannung zwischen Armut und Reichtum um, die einem in Lima an jeder Ecke begegnet?
Wie schaffe ich es, meine Programme anständig vorzubereiten und durchzuführen, Zeit mit den deutschen Volis, den peruanischen Freunden und meiner Gastfamilie zu verbringen und zwischendurch noch ein bisschen Zeit für mich und Gott zu finden?
Wie kann ich dem kleinen Jungen mit den großen Augen sagen, dass ich ihm nichts abkaufen kann, um seine Kinderarbeit nicht zu unterstützen?
Wie erkläre ich dem Taxifahrer, dass ich nicht verheiratet bin, aber auch nicht vorhabe in Peru zu heiraten?
Und warum kommen die Peruaner nicht einmal pünktlich??
Unsere ersten vier Monate in Lima waren von so manch einer Herausforderung geprägt. Wir hatten mit der Sprache zu kämpfen, mussten uns an unseren neuen Tagesablauf, der morgens früh beginnt und abends spät endet, gewöhnen und vor allem mit der peruanischen Mentalität klar kommen. Denn obwohl die Peruaner unglaublich liebe, herzliche Menschen sind, ist man doch irgendwann ziemlich genervt, wenn sie zu jeder Verabredung grundsätzlich 15 Minuten zu spät kommen und jede Frage mit "Sí" beantworten.
Trotzallem habe ich mich sehr gut eingelebt hier in Peru und die letzten vier Monate sehr genossen. Denn überall den Herausforderungen (die die Zeit auch ziemlich spannend gemacht haben ;)) überwiegen immer noch die vielen lustigen, fröhlichen und ergreifenden Momente, die wir hier erleben durften.
"Wir sind ja mitten im Meer!"
Ein Highlight war auf jeden Fall der Ausflug mit allen Kindern aus dem Armenviertel Independecia. Da wir die zunächst geplante Übernachtung nicht durchführen konnten, sind wir stattdessen mit den Kindern ins Kino gegangen, was für viele das aller erste Mal war. Dementsprechend groß war die Begeisterung über die "riiiesige" Leinwand und die gemütlichen Sitze. Nach dem Film waren wir mit den Kinder in Independencia im Büro der ACJ zum Essen und spielen auf der Straße, wo nicht nur die Kinder sich mal so richtig austoben konnten ;).
Die Arbeit in Independencia war eine tolle Erfahrung und wir haben die Kinder sehr ins Herz geschlossen.
Ein weiteres Highlight war meine ProLider-Gruppe. In dieser Mitarbeiterschulung lernen die Jugendlichen wirklich alles…. Wie man Kindergruppen leitet, wie der CVJM aufgebaut ist, wie man mit Elternbeschwerden im Sommerprogramm umgeht….Obwohl ich hier am wenigsten Vorbereiten und Planen musste, hat mir diese Gruppe doch am meisten Spaß gemacht. Denn neben dem abwechslungsreichen Programm hatte ich immer wieder die Gelegenheit, mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen und war immer wieder erstaunt, wie schnell sie mir vertraut haben.
Die größte Herausforderung war unser Deutschkurs für Dritt- und Viertklässler. Die haben nämlich eigentlich gar keine Lust, nachmittags noch Vokabeln und Grammatik zu lernen, sondern wollen viel lieber Spiele mit den deutschen Volis spielen. Also lag es an uns, ein Programm zu entwickeln, das einerseits spielerisch ist, aber dennoch Deutsch vermittelt. Manchmal hat das super geklappt und wir sind strahlend heim gefahren, und manchmal waren wir ganz schön deprimiert. Am Schluss fiel es uns aber doch sehr schwer, uns von ihnen zu verabschieden, weil sie einfach so süß sind! J
9 Volis allein in Lima….. Oder auch: Welcher Zahnpastertyp bist du eigentlich?
Eine weitere Herausforderung genauso wie ein ganz besonderes Highlight war unsere deutsche Voligemeinschaft. Die ersten 10 Tage haben wir noch zusammen gewohnt und uns danach jeden Tag im Sprachkurs, bei der Arbeit und beim Volitreffen gesehen. Da waren Konflikte natürlich nicht ausgeschlossen. So merkten wir schnell, wie alltäglichen Situationen, wie beim Benutzen der Zahnpastatube zu Reibungen führen können.
Dennoch haben wir super zueinander gefunden, enge Freundschaften geschlossen und unglaublich viel zusammen erlebt und gelacht.